Brief zu Ostern
Protest für das Leben
„Wär‘ er nicht erstanden, so wär‘ die Welt vergangen.“ heißt es im Osterlied „Christ ist erstanden“ (EG 99). Wäre Jesus Christus nicht auferstanden, wäre es bei Kreuzigung und Tod geblieben. Dann hätte die Welt einen anderen Lauf genommen. Aber Ostern ist eine Zäsur. Dem Tod ist Macht genommen. Die Macht gehört nun dem Auferstandenen und dem Leben.
Wie aber können wir diese Botschaft von Ostern und unsere Gegenwart zusammenbringen? Sobald der Alltag nach den Feiertagen wieder beginnt, ist es schwer am Osterjubel festzuhalten. Beflügelt vom Osterfest versuchen wir etwas von dieser Kraft des Auferstandenen mit in unser Leben zu nehmen. Wer aber mit offenen Augen durchs Leben geht, wird vielleicht merken, dass das gar nicht so einfach ist. Wir machen trotz Ostern weiterhin die Erfahrung von Leid, Krankheit und Tod. Kriege werden weiterhin Menschen töten und Zerstörung bringen. Angesichts solcher Realitäten scheint es absurd und naiv daran zu glauben, dass mit Ostern dem Tod die Macht genommen wurde. Es scheint wie ein Traum aus einer anderen, aus einer besseren Welt.
Mit dem Osterfest feiern wir aber genau das: dass Gottes Macht die Verhältnisse schon hier und jetzt in dieser Welt umkehrt und dass trotz der Realität des Todes das letzte Wort das Leben hat. Mit dem Osterfest wird in dieser Welt eine Gegenstimme laut, die trotz aller Verhältnisse das Lied des Lebens im Angesicht des Todes feiert. Und wenn wir in den Osterjubel einstimmen, dann ist der Auferstandene an unserer Seite. Derjenige, der Leid und Tod am eigenen Leib erlebt hat – und überwunden hat. So wird Ostern zu einem Protest für das Leben.
In aller Zerrissenheit, die das Leben mit sich bringt, lädt Ostern dazu ein in „ein neues Lied“ (Offb 5,9) einzustimmen. Das kräftige und zuversichtliche Lied der Hoffnung und des Lebens.
Der Osterjubel des Alltags hat vielleicht eine andere Gestalt als der erste, frische am Morgen nach der Osternacht. Aber überall dort, wo er angestimmt wird, bringt er eine andere Wirklichkeit zu Gehör. Dort wo wir uns nicht vom nüchternen und kalten Alltag unterkriegen lassen, sondern jeden Tag neue Kraft schöpfen. Dort wo wir unsere Augen nicht verschließen vor Leid und Tränen, sondern Worte und Liebe schenken. Dort wo wir trotz aller Ungewissheit und Unvorhersehbarkeit Schritte in die Zukunft wagen und dem Neuen trauen. Überall dort, wo Menschen Einspruch gegen unterdrückende Verhältnisse und todbringen Mächte einlegen. – Überall dort beginnt schon eine neue Wirklichkeit. Dort ist Christus lebendig.
Christ ist erstanden. Halleluja!
Ich wünsche Ihnen und Euch eine gesegnete Osterzeit.
Pfarrerin Elisa Schneider